Update Oktober 2024

Im August hatten wir wieder ein Großereignis in Lemong’o. Kamica und Philip organisierten ein Treffen aller unserer Schüler.

Diesmal fand die Veranstaltung ausschließlich an einem Ort statt, die Schüler aus der Gegend von Rombo wurden mit dem Bus nach Lemong’o gebracht. Das war für die meisten die Reise ihres Lebens, sie hatten ihr Dorf bisher nur verlassen, um ins Internat zu kommen. Da Ferien waren, durften die Gäste in den Schlafräumen der Lemong’o Primary School übernachten, eine schöne Gelegenheit, sich gegenseitig kennen zu lernen. Das Ganze war für alle ein spannendes Ferienlager und großartiges Erlebnis, natürlich mit guter Verpflegung.

Hauptzweck des Workshops war es, mit den Schülern ihre Ergebnisse zu besprechen. Wurden die Lernziele erreicht? Wo waren Schwierigkeiten? Wo wird Hilfestellung gebraucht?

Kamica und Philip sprachen mit jedem einzelnen Schüler über diese Punkte. Es wurden wieder Zielvereinbarungen getroffen, sowohl bezüglich der Ergebnisse des kommenden Trimesters als auch im Hinblick auf die geplante berufliche Ausrichtung. Kamica hatte eine Kollegin mitgebracht, die im Personalmanagement tätig ist und die Jugendlichen darüber informierte, welche Fähigkeiten für welchen Job verlangt werden, sowohl im fachlichen als auch im persönlichen Bereich, und wie sie sich am besten bei einem Arbeitgeber präsentieren.

Positiv überrascht haben mich die Berufswünsche der Gymnasiasten. Zwischen den beiden extremen Polen Pilot und Neurochirurg gab es eine Vielzahl von vernünftigen und konkreten Vorstellungen, alle zugegebenermaßen hoch gegriffen, aber nichts, was im Land nicht gebraucht wird. Die Pläne sind so unterschiedlich, dass ich davon ausgehe, dass ein persönlicher Wunsch dahintersteht. Ich finde, das ist eine gute Voraussetzung.

Ende August sollten alle wieder in ihre Schulen zurückkehren. Naipanti hat den großen Schritt nach Eldoret an die Moi University gemacht. Schon allein der Weg dahin war eine Herausforderung und dauert zwei Tage mit verschiedenen Bussen und Umsteigen in Nairobi.

Umso ärgerlicher war es, dass sie vier Wochen später wieder zwangsweise nach Hause fahren musste, weil ihre Universität bestreikt wurde. Auch andere weiterführende Schulen sind vom Streik der Lehrkräfte betroffen. Die Hälfte unserer Gymnasiasten musste inzwischen wieder nach Hause fahren. Als Ausländer müssen wir das unkommentiert so hinnehmen. Mir tun vor allem die Eltern leid, die sich krummlegen, um die Kosten für die Weiterbildung zu stemmen, und dann stehen die Kinder wieder hungrig vor der Tür.

Die Primary Schools, die wir wie immer mit Schulspeisung versorgt haben, sind Gott sei Dank noch offen für ihre Schüler.

Wieder hatten einige unsere Jugendlichen gesundheitliche Probleme. David Lesinko, unser Musterschüler, der kurz vor seinem Abschluss steht, klagte über heftige Bauchschmerzen. Philip fuhr mit ihm über die Grenze nach Tanzania, weil sich dort das beste Krankenhaus in erreichbarer Nähe befindet. Dort wurde Typhus diagnostiziert. Gott sei Dank konnten wir rechtzeitig reagieren, denn diese Krankheit kann tödlich verlaufen. Mit den richtigen Medikamenten sollte David Lesinko hoffentlich bald wieder hergestellt sein.
Musenyí, der an Tuberkulose erkrankt war, geht es inzwischen besser. Er hat wohl auch wieder zugenommen mit Hilfe einiger Extraportionen mit gesunden Lebensmitteln.

Da niemand eine Krankenversicherung hat, wird der Gang zum Krankenhaus, wo ein Arzt zu finden ist, oft vermieden oder ist schlicht unmöglich aufgrund fehlender Mittel. Ich bin froh, dass sich die Schüler in solch prekären Situationen vertrauensvoll an Philip wenden, so dass wir das Geld für die Behandlung zur Verfügung stellen können.

Für vier unserer Secondary-Schüler steht die Abschlussprüfung bevor. Ich habe deshalb unseren Studenten Alfred gebeten, während der Ferien mit ihnen in den neuralgischen Fächern Mathematik, Physik und Chemie, seinen Spezialgebieten, vorbereitend zu arbeiten. Nachhilfeunterricht ist offenbar in Kenya nicht üblich, es hat jedenfalls lange gedauert, bis mein Anliegen verstanden wurde. Letztlich war es aber ein großer Erfolg, Lehrer und Schüler waren begeistert. Nun hoffen wir, dass die Hilfe zu einem guten Ergebnis führt.

Ich habe Alfred in diesem Zusammenhang besser kennengelernt und bin sehr begeistert von ihm. Ich hoffe, ich kann ihn in Zukunft in unser „Management“ vor Ort integrieren. Es wäre ein Gewinn für alle.

In den Weihnachtsferien planen wir wieder eine Zusammenkunft aller Schüler in Lemong’o. Dann ist das Schuljahr zu Ende, und die meisten Ergebnisse liegen vor und können besprochen werden. Nur die Noten für die Abschlussprüfung KCSE werden erst im Januar veröffentlicht.

Mit unserem Studenten Alfred habe ich ausgemacht, dass er die älteren Schüler im vernünftigen Gebrauch des Smartphones unterrichtet. In Social Media tummeln sich alle und kennen sich aus, aber die zahlreichen Möglichkeiten der Information und Weiterbildung durch entsprechende Apps sind offenbar weitgehend unbekannt und ungenutzt. In den Secondary Schools sind Smartphones verboten, aber für Berufsausbildung und Universität gehören sie zur geforderten Ausrüstung, ein Spagat, den die Jugendlichen bewältigen müssen.

Mein Anliegen ist es auch, dass während des Ferienlagers etwas Konstruktives in Sachen Natur geschieht. Ich denke an eine Baumpflanzaktion oder Ähnliches. Philip wollte sich mit Alfreds Vater zusammentun, der auch Lehrer ist und mir schon von ähnlichen Aktionen berichtet hat. Ich bin gespannt, was sie sich einfallen lassen.

Aus dem Kreis der Jugendlichen kam ein Wunsch, der mich sehr gefreut hat: Ein Besuch im Amboseli Park. Wir haben das vor einigen Jahren schon einmal mit unseren damaligen Lemong’o-Schülern gemacht, und sie waren begeistert. Damals waren es zwei Kleinbusse voller Kinder, jetzt brauchen wir Transport für über 50 Personen. Tatsächlich war wohl sonst noch niemand im Park. Das ist zwar verständlich ist, weil es ja Geld kostet und man ein Fahrzeug braucht, aber es ist auch traurig, wohnen sie doch in unmittelbarer Nachbarschaft. Die „wilden“ Tiere erleben sie nur als Bedrohung für sich und ihre Herden. Das zu ändern wäre mir ein großes Anliegen, und ich werde diesen Wunsch mit Freude erfüllen. Meine Hoffnung ist, dass den Jugendlichen bewusst wird, welche Schätze sie in ihrer Nähe haben, die es zum Wohle aller zu bewahren gilt. Mein Traum wäre, dass sich der eine oder andere zukünftig auch beruflich im Bereich Naturschutz engagiert und für ein friedliches Zusammenleben von Mensch und Natur einsetzt.