10 Jahre Lemong‘o
Am 15. Januar 2014 entstand dieses Foto vor der Schule von Lemong’o, nachdem wir für die vier Kinder die Schulgebühren bezahlt hatten.
Es war der Beginn einer langen gemeinsamen Reise mit den Kindern und Familien von Lemong’o.
Ich habe das Dorf und die Schule danach ein- bis zweimal im Jahr auf jeder meiner Safaris besucht.
Einige von Euch waren dabei und konnten die Freude und Herzlichkeit der Menschen erleben.
Auch ihre Sorgen und Probleme blieben uns nicht verborgen. Immer wieder drängte sich der Vergleich auf zu unserem Leben hier in Deutschland auf und lieferte Grund zu Dankbarkeit.
Es war mir und jedem von Euch, der die Menschen persönlich oder durch meine Berichte kennen gelernt hat, ein Bedürfnis zu helfen. So entstand 2019 der Verein Lemong’o e.V.
Wir haben inzwischen 54 Mitglieder und noch einmal ebenso viele Menschen, die uns treu, großzügig und regelmäßig mit Spenden unterstützen.
Und so können wir mit einigem Stolz folgende Bilanz ziehen:
• Wir kauften im März 2021 bei einem Start-up-Unternehmen in Deutschland eine Wasseraufbereitungsanlage, die speziell für die Dritte Welt entwickelt wurde, extrem robust und natürlich solarbetrieben ist. Somit verfügt das Dorf über sauberes Trinkwasser. Krankheiten, die aus dem Konsum von verschmutztem Wasser entstehen, sind weitgehend verschwunden.
• Mit dem Beginn von Corona brach die Wirtschaft in Kenya total zusammen, nicht zuletzt durch den Wegfall des Tourismus als wichtigste Einnahmequelle.
Von Mai 2020 bis Mitte vergangenen Jahres versorgten wir die Bewohner von Lemong’o mit monatlichen Lebensmittellieferungen,
so dass sie zumindest nicht verhungern konnten. Hunger kannten sie auch vorher schon.
• Von Mai 2021 bis November 2022 hat es in Kenya kaum und in der Gegend von Lemong’o überhaupt nicht geregnet.
Wir waren während dieser Dürreperiode vor Ort, die Trockenheit und der Staub waren unvorstellbar.
Reihenweise starben die Rinder und dann auch die Schafe und Ziegen, der ganze Besitz der Massai-Familien.
Wir kauften Heu im Norden von Kenya und schickten es per LKW auf die lange Reise nach ins Massailand.
So konnte wenigstens ein Teil des Viehbestandes gerettet werden.
• Reich ist in Lemong’o niemand, aber es begegneten mir immer wieder besondere Härtefälle: Kinder, die krank oder extrem unterernährt waren,
alleinerziehende Mutter am Rand der Gesellschaft.
Hier konnten wir oft helfen.
Zum Beispiel kam durch die Spendenaktion eines achtjährigen Jungen aus Wald-Michelbach so viel Geld zusammen,
dass wir den alleinstehenden Müttern jeweils zwei Ziegen kaufen konnten.
• Von Anfang an war es unser Ziel, möglichst vielen Kindern und Jugendlichen den Schulbesuch zu ermöglichen.
Bildung ist der einzige Weg in eine bessere Zukunft. Aus den vier Schülern, die wir anfangs unterstützt haben,
wurden 58 junge Menschen, die sich mit unserer Hilfe weiterbilden können.
Die meisten gehen in die Secondary School, die im Gegensatz zur (fast) freien Primary School bezahlt werden muss.
Es ist nicht nur die Schulgebühr, sondern auch die Ausstattung, die mit hohen Kosten zu Buche schlägt.
Da der Besuch der höheren Schule immer mit Boarding verbunden ist, gibt es seitenlange Listen von Ausstattung,
die mitgebracht werden muss. Diese Kosten sind für eine Familie, die von Viehwirtschaft,
dem Brennen von Holzkohle oder von Gelegenheitsarbeiten lebt, nicht zu stemmen. Und das ist die überwiegende Mehrzahl der Familien.
Mein großes Anliegen ist es, nicht nur den Jugendlichen die Chance auf Bildung zu geben,
sondern auch denen, die keine Schule besucht haben und über keine oder keine ausreichende
Einnahmequelle verfügen, neue Wege zu zeigen.
Aus diesem Grund haben wir im August vergangenen Jahres eine Innovation Week durchgeführt,
um die Menschen zu motivieren und Ideen zu sammeln.
Hier will ich versuchen, mit Hilfe von kompetenten Mitstreitern weiterzuarbeiten.
In der Zwischenzeit wollen wir auch die kleinen Schritte und gemeinsamen Erlebnisse nicht vergessen:
Für die Abschlussprüfung KCPE der Primary School und den Prayer Day davor haben wir Essen geliefert,
um die Kids zu stärken und zu motivieren. Direkt nach Ende des Schuljahrs fand in Lemong’o Enkipaata statt,
das erste traditionelle Ritual für die jungen Männer vor der Initiation. Ich freue mich darüber,
dass die alten Massai-Traditionen noch durchgeführt und nicht vergessen werden.
Sie sind ein Stück Kultur. Mit dabei waren Kasaine (seit 2016 bei uns) und Risie (seit 2014 bei uns).
Ich bin sehr stolz auf die Beiden, sie haben sich toll entwickelt. Kasaine ist ein ganz cleveres und strebsames Kerlchen,
und Risie hat seine massiven gesundheitlichen Probleme, die zeitweise lebensbedrohend waren,
völlig überwunden und hat einen guten Abschluss gemacht. Im Dezember haben wir ein letztes Mal eine Essenslieferung
für Lemong’o durchgeführt vor dem Hintergrund, dass während der langen Weihnachtsferien (10 Wochen)
alle Kinder und Jugendlichen zu Hause sind, die sonst in ihren Schulen verköstigt werden.
Weihnachten sollte nicht die Zeit sein, in der die Familien mehr hungern müssen als sonst.
Dankesreden und viele Glück- und Segenswünsche durften wir dafür empfangen.
Leider kann ich Euch die entsprechenden Videos nicht per Mail schicken.
Diejenigen von Euch, die in der WhatsApp-Gruppe sind, in der ich regelmäßig Fotos und Videos teile,
können alles sehen. Wer nicht drin ist und gerne mehr Infos hätte, melde sich bitte bei mir.
Aus Datenschutzgründen füge ich niemanden ohne ausdrückliche Genehmigung hinzu.
Das neue Jahr hat wie immer mit der nervenaufreibenden Einschulung begonnen.
Zunächst müssen alle, die in ihre letztjährigen Schulen zurückkehren, so ausgestattet werden,
dass sie nicht aufgrund fehlender Ausstattung wieder nach Hause geschickt werden.
Das bedeutet für Philip, unseren Organisator vor Ort, Shopping mit einer Horde Jugendlicher, und für uns Bezahlen ohne Ende.
Wenn die Familien auch nur ein kleines Einkommen hätten, würde ich diesen Einkaufstag gerne streichen.
Auch das Bezahlen der Schulgebühren artet in Arbeit aus:
Zehn verschiedene Schulen mit zehn verschiedenen, jährlich wechselnden Gebührenordnungen
und bis zu drei verschiedenen Konten, jeweils für unterschiedliche Kosten.
Da darf keine Zahl verkehrt sein, und manchmal streikt auch der Überweisungsdienstleister.
Schlaflose Nächte bereiten mir die vielen Bewerber für ein Stipendium von uns.
Wenn ich ihre Geschichten und Hintergründe erfahre, bringe ich es nicht übers Herz, sie abzuweisen.
Ich weiß, wieviel Einsatz es für die Schüler bedeutet hat, einen guten Abschluss der Primary School zu erreichen.
Wenn Jugendlichen von der Schule nach Hause kommen, müssen sie arbeiten.
Die Mädchen müssen dabei helfen, die Geschwister zu beaufsichtigen, zu kochen und Wasser und Feuerholz zu holen.
Die Jungen müssen abends das Vieh nach Hause treiben. Um sieben Uhr wird es schlagartig dunkel,
und in der Hütte gibt es kein elektrisches Licht. Das erschwert das Lernen sehr.
Umso mehr haben erfolgreiche Schüler eine Chance verdient, weiter lernen zu dürfen. Das ist auch bei allen der größte Wunsch.
Ich habe viele Briefe bekommen von jungen Menschen, die sich einen Sponsor wünschen.
Im vergangenen Jahr haben sich einige von Euch bereit erklärt, eine Patenschaft zu übernehmen.
Dafür bin ich sehr dankbar. Es ist aber fast unmöglich für mich, die Paten im Lauf des Jahres mit Informationen zu versorgen.
Eine Kommunikation kann nur über Smartphone erfolgen (in den Schulen verboten),
indem ein handgeschriebener Brief gescannt oder fotografiert wird.
Dann muss er über Philip und mich an die jeweiligen Paten weitergeleitet werden.
Das ist extrem kompliziert. Einen Postweg gibt es nicht. Insofern zögere ich, die vielen Briefe an Euch weiterzugeben.
Ich tue das aber gerne, falls doch noch jemand bereit ist, eine oder einen der Jugendlichen direkt zu unterstützen.
Ich kann nur hoffen, dass Ihr uns weiter die Treue haltet und uns dabei helft,
diesen Kindern und Jugendlichen und den Familien von Lemong’o die Chance auf eine bessere Zukunft zu geben.