Lemong’o Oktober 2025

Lemong’o Oktober 2025

Es ist eine große Aufgabe für Lehrer Philip, der uns vor Ort vertritt, die vielen jungen Leute, die von uns unterstützt werden, zu betreuen. Sie sind zwischen 8 und 22 Jahre alt und besuchen 15 verschiedene Schulen, Universitäten und Bildungseinrichtungen an unterschiedlichen Orten. Wer schon mit mir dort war, weiß, wie schwierig diese Orte teilweise zu erreichen sind.

Deshalb holen wir nach jedem Term alle zusammen zu einem Treffen mit dem Ziel, mit jedem einzelnen Schüler persönlich zu sprechen über die Schulleistungen und eventuelle individuelle Probleme, die den Schulalltag erschweren. In den Schulen ist eine persönliche Betreuung nicht üblich.

Darüber hinaus gibt es Vorträge für alle, in erster Linie zur Motivation. Beim letzten Mal standen außerdem die Themen „Umgang mit dem Smartphone“ und „Sexualkunde“ auf dem Programm, letzteres vor allem im Hinblick auf Verhinderung von ungewollten Schwangerschaften. Unser Student Alfred bietet auch diesmal wieder Nachhilfe in Mathe, Physik und Chemie an.

Für das Treffen im August hatte Philip zwei Lehrkräfte von unterschiedlichen höheren Schulen eingeladen, um die Schüler über die Anforderungen zu informieren, die mit Berufswahl und Berufsausbildung auf sie zukommen. Wir haben jetzt leider mehrfach erlebt, dass die Zulassung zum Wunschstudium an einer einzigen Note scheiterte, was vielleicht zu vermeiden ist, wenn man vorher genau weiß, auf welchen Fächern der Fokus liegen muss.

Da die Wohnorte der Schüler weit auseinander liegen und wir dieses Mal auch die Eltern dabeihaben wollten, wurde außer in Lemong’o noch ein Treffen in der Nähe von Rombo abgehalten. Es ist wichtig, die Eltern mit ins Boot zu holen. Keiner der Eltern hat eine Ausbildung, die über die Grundschule hinausgeht, manche waren überhaupt nicht in der Schule. Die jungen Leute fehlen zu Hause als Arbeitskräfte und kosten außerdem noch Geld. Wir bezahlen zwar sämtliche Schulgebühren plus der Nebenkosten, bei deren Gestaltung die Schulen sehr kreativ sind; außerdem alle Lernmaterialien und die kostspielige Grundausstattung, wenn die Schüler ins Internat kommen. Die nachfolgenden Kosten für Hygiene und Unterwäsche müssen die Schüler bzw. die Eltern aber seit einiger Zeit selbst bezahlen. Vor allem die Mädchen waren mir in der Vergangenheit diesbezüglich etwas zu fordernd.

Die Schüler erschienen vollzählig zu unseren Treffen und fast jeder hatte mindestens ein Elternteil dabei. Salma Wambui brachte ihre Tante mit, von der wir ihre Betreuung übernommen haben, da sie finanziell total überfordert war. Die Tante bedankte sich mit einer flammenden Rede. Salma hat genauso wie Catherine und Innocencia, die wir aufgrund ihrer herzerweichenden Lebensgeschichten neu bei uns aufgenommen haben, sehr gute Schulergebnisse erreicht. Die Mädels halten den neuen Rekord mit A-Noten. Das hatten wir noch nie!

Impressionen von den Meetings.

Schüler und Eltern waren mit Begeisterung dabei, nicht nur aufgrund der Verpflegung, die alle sehr genießen. Auch die beiden Lehrer, die Philip diesmal als Coaches engagiert hatte, taten ihr Bestes, um die jungen Leute zu motivieren und auf die Anforderungen einzustimmen, die nach der Schule auf sie zukommen.

Zwei unserer Secondary-Absolventen haben es geschafft, einen Studienplatz zu ergattern.
Parsanka Lemein studiert an der Kenyatta University Nairobi „Environmental Science Resource Management“ (Umweltwissenschaften und Ressourcenmanagement) mit dem Ziel Bachelor und  „Conservationist“ (Naturschützer). Ich schreibe hier die offiziellen englischen Bezeichnungen, weil ich nicht sicher bin, ob es diese Studiengänge 1 : 1 bei uns auch gibt.

David Lesinko wurde an der Chuka University angenommen für den Studiengang „Bachelor of Science in Human Nutrition and Dietetics“ (Ernährungswissenschaft und Diätetik). Als Philip mir vorschlug, die beiden zu ihrer Immatrikulation zu begleiten, empfand ich das im Hinblick auf das Alter der Studenten zunächst als etwas übertrieben, aber als ich dann den Bericht las, wie das Ganze vor sich ging, war ich froh, dass die Beiden nicht alleine waren. Dass der Vorgang der Einschreibung chaotisch verläuft, hatte ich schon bei Alfred mitbekommen. Zusätzlich musste noch das Problem von Unterkunft und Verpflegung gelöst werden. Wieder ist mir klar geworden, in welcher privilegierten Position unsere Jugendlichen in einer solchen Situation sind, die alle schon gereist sind, teilweise sogar nicht nur europa-, sondern weltweit. Unsere Jungs in Kenya kennen nur ihr Dorf und das Internat.

Leyian Paraitai und Musenji Tulito haben sich für eine technische Hochschule entschieden, Leyian in Wote, Musenji in Kajiado. Beide waren mit einem anderen Bildungsziel angereist und haben unabhängig voneinander bei der Einschreibung umentschieden und um Erlaubnis gebeten, sich zum Tour Guide ausbilden zu lassen. Dem habe ich gerne zugestimmt. Es war insgeheim mein Wunsch, den ich allerdings nie geäußert habe, weil ich die Jugendlichen nicht beeinflussen wollte. Die Masai haben als Hirtenvolk eine besonders intensive Beziehung zu Tieren und Natur, und ich freue mich sehr, dass sie diese Fähigkeiten ausbauen und Besucher damit begeistern wollen. So können sie dazu beitragen, den Reichtum zu schützen, der ihr Land vor allen anderen auszeichnet. Das ist mein Herzensanliegen, seit ich zum ersten Mal meinen Fuß auf kenianischen Boden gesetzt habe und überwältigt wurde von den Wundern der Tierwelt. Das liegt jetzt 57 Jahre zurück.

Musenji hat mir noch ein weiteres kleines Geschenk gemacht. Seit ein paar Tagen korrespondiert er mit mir auf Französisch. Selbst wenn hier sicherlich KI im Spiel ist, finde ich es bewundernswert, dass er sich damit beschäftigt und sich Mühe gibt. Sprachen sind im Umgang mit Touristen wichtig, und ich staune immer wieder, wie sprachbegabt Afrikaner sind. Jeder spricht außer seine Stammessprache noch Suaheli und vor allem die Jüngeren sprechen Englisch. Gerade bei denjenigen, die mit Touristen zu tun haben, hört man oft noch Deutsch, Französisch und Italienisch.

Musenji mit seiner Mama von 2014 bis heute. Er wird seinen Weg gehen.